Am Sandtorkai/Dalmannkai

Kleinteilig und lebendig

Mit dem Quartier Am Sandtorkai/Dalmannkai wurde im Nordwesten der HafenCity das erste Quartier komplettiert

Als am 11. Januar 2017 die Elbphilharmonie nach vielen Jahren des Bauens offiziell eröffnet wurde, hatte man sich schon auf einen großen Publikumsansturm eingestellt. Mit einem derartigen Andrang hatten jedoch nur wenige gerechnet: Alleine rund 4,5 Millionen Menschen standen in den ersten zwölf Monaten auf der öffentlichen Plaza in 37 Meter Höhe – prognostiziert waren 1,7 Millionen Personen. Das sind deutlich mehr Besucher:innen als auf Schloss Neuschwanstein und in etwa so viele wie in der Sixtinischen Kapelle in Rom im selben Zeitraum. Medien aus der ganzen Welt berichteten über das Konzerthaus in der HafenCity, allein in Deutschland sind mehr als 50.000 Artikel erschienen. Gut zehn Jahre wurde an dem weltweit mit Begeisterung aufgenommenen Musiktempel gebaut. Fast vergessen scheint der Ärger über die Verzögerungen während der Bauphase und die hohen Kosten.

Nun krönt eine wellenförmig geschwungene, bis zu 110 m hohe Glaskonstruktion die sorgfältig erhaltene Kubatur und imposante Fassade des ehemaligen Kaispeichers A des Architekten Werner Kallmorgen. Es ist gelungen, einen weltweit einmaligen architektonischen Hybrid aus Konzerthaus, Hotel mit 244 Zimmern, 45 Wohnungen und einem Parkhaus mit rund 500 Stellplätzen im historischen Sockel zu schaffen, der weithin sichtbar zeitgenössische Baukunst mit Hafentradition sowie die historische Hafenarchitektur mit der neuen Identität der gesamten HafenCity verbindet. Diese dient mit ihrer Urbanität der Architekturikone als wichtiger Resonanzraum. Am sichtbarsten vielleicht auf der für jeden frei zugänglichen Plaza zwischen Bestandsgebäude und neuer Wellenkrone. Hier ist nicht einfach nur ein großer Raum entstanden: Hamburgs neuer Sehnsuchtsort ist die atmosphärische Schnittstelle zwischen den wichtigsten Gebäudenutzungen und dem öffentlichem Stadtraum – mit einem fantastischen Rundumblick aus 37 m Höhe auf den Hafen, die HafenCity und die gesamte Stadt.

Zu ihren Füßen prägt eine lebendige urbane Nachbarschaft am Wasser das Quartier Am Sandtorkai/Dalmannkai. Im Frühjahr 2009 wurde es nach nur sechs Jahren Bauzeit als erstes vollendetes Quartier der HafenCity eröffnet. Rund um den Sandtorhafen gelegen, Hamburgs ältestem künstlich angelegten Hafenbecken von 1866, bilden die dortigen Pontons des heutigen Traditionsschiffhafens einen schwimmenden Platz, der bis zu 30 historischen Schiffen Platz bietet und der Anwohnenden, Gästen und Beschäftigten zur Erholung und zum Flanieren dient. Nördlich des Hafenbeckens liegt die auskragende kleinteilige Bebauung des Sandtorkais, an den das UNESCO-Weltkulturerbe Speicherstadt angrenzt. Südlich erstreckt sich die Landzunge des Dalmannkais am Grasbrookhafen. Die acht Gebäude des Sandtorkais und die 15 Gebäude des Dalmannkais gewähren wechselnde Durchblicke bis auf die innere Stadt sowie zur Elbe. 

Offene und mehrdimensionale Topografie

Die gesamten Stadträume erstrecken sich vorrangig auf zwei Ebenen. Während alle Hochbauten und Straßen auf künstlich erhöhten, hochwassergeschützten Warftsockeln ca. 8 m ü. NHN liegen, entstanden die Uferpromenaden auf 4–5,5 m ü. NHN. Besonders sichtbar ist der Höhensprung im Norden des Sandtorkais. Dort liegt die Straße Am Sandtorkai aus Rücksicht auf die Speicherstadt ausnahmsweise auf dem niedrigen Niveau der Speicherstadt, die neu entstandenen Gebäudesockel wirken hier dann wie ein Wall.

Die Magellan- und die Marco-Polo-Terrassen setzen als erste größte Plätze der HafenCity deren typische mehrdimensionale Topografie fort: Die 5.600 m² umfassenden Magellan-Terrassen treppen sich wie ein Amphitheater ans Wasser hinab. Die Stufen der 7.800 m² großen Marco-Polo-Terrassen laden auf Grasinseln und Holzdecks unter Bäumen zum Verweilen ein. Ergänzend bietet der Vasco-da-Gama-Platz als kleinerer Nachbarschaftsplatz noch eine Basketballspielmöglichkeit.

Die Architektur der Hochbauten im Quartier ist vielfältig. Allein bei den 15 Gebäuden des Dalmannkais sorgten 27 Bauherr:innen und 26 Architekturbüros für ein hohes Maß an Diversität der einzelnen Bauwerke und trotz eines klaren städtebaulichen Profils nahezu ohne einheitliche Höhenkante und Kubatur. Anders ist bei den Plätzen und Promenaden: sie wurden nach einem international ausgelobten Wettbewerb in der gesamten westlichen HafenCity von EMBT (Barcelona) entworfen. Für die Gestaltung des Sockels und der Promenade am Sandtorkai war das Landschaftsarchitekturbüro BHF aus Kiel verantwortlich.

Viele Lebensstile nebeneinander

Rund 1.000 Menschen leben heute im Quartier, darunter junge, berufstätige Singles genauso wie Familien oder ältere Paare und Senioren nach Auszug der Kinder. Gemeinsam engagieren sie sich in Sport- und Kulturvereinen und knüpfen dabei zahlreiche soziale Verbindungen wie den Verein „Netzwerk HafenCity“, der hier gegründet wurde. Zur Förderung dieser vielschichtigen Sozialstruktur gab es gezielte Interessenbekundungsverfahren. Die Grundstücke für den Wohnungsbau wurden seit 2003 nicht meistbietend verkauft, sondern gingen nach einer Anhandgabephase zu vorab fixierten Festpreisen an die Bauherr:innen mit dem besten Nutzungskonzept. Auch wenn für den Bau von geförderten Wohnungen bis 2010 noch keine Rechtsgrundlage existierte, so war die hohe Diversität der Bewohnerschaft bereits damals ein Ziel. Daher sind von den Miet- und Eigentumswohnungen viele auch für mittlere Einkommensgruppen finanzierbar, einige entstanden aber auch im Luxussegment. Deutlich preiswerterer Wohnraum wurde durch Wohnungsbaugenossenschaften und drei Baugemeinschaften entwickelt.

Neben der Bewohnerschaft prägen auch die Angestellten der etwa 50 ansässigen Unternehmen das Quartier. Angesiedelt haben sich hier vor allem moderne Dienstleistungsunternehmen, viele aus der Medien- und Logistikbranche. So mischen sich die Beschäftigten mit Anwohnenden und Gästen – u. a. in den Erdgeschossen nahezu aller Gebäude des Quartiers, wo eine große Vielfalt an Gastronomie, Einzelhandel und kulturellen Nutzungen für ein breites Angebot sorgt. Über insgesamt rund 6.500 m² erstrecken sich Geschäfte, Cafés, Restaurants, Galerien und Bars. Erstmalig gelang es somit eine intensive Mischung in einem modernen Stadtquartier herzustellen, die sich auch heute noch ständig verändert.

Das Prinzip der dichten Nutzungsmischung ist jedoch auch mit Herausforderungen verbunden, für die es innovative Lösungen zu finden galt. Um der Bewohnerschaft geschützte Privaträume zu bieten, gruppieren sich die Ensembles auf dem südlichen Dalmannkai um Innenhöfe, die freie Ausblicke über den Grasbrookhafen und im Westen über die Elbe bieten, gleichzeitig aber von der tiefer gelegenen Promenade aus schwer einsehbar sind. Privatheit und Öffentlichkeit bilden im Quartier Am Sandtorkai/Dalmannkai somit keinen Widerspruch: Ihr Neben- und Miteinander ist sogar ein entscheidendes Qualitätsmerkmal des Quartiers wie auch der gesamten HafenCity.

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Die HafenCity umfasst zehn Quartiere, die erst in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit das Gesamtbild des Stadtteils wirken lassen.

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